Tag 9 (Corvey – Rinteln)

Im gefühlt nahen Paderborn (50 km entfernt) ist im Internet und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im realen Leben an diesem Abend die Luft-Post abgegangen. Es wurde von einem Tornado berichtet. Auf Rückfragen bei der Geldeintreiberin des Klosters wurde mitgeteilt, dass auch im Nachbarort (5 km entfernt) die Dächer im Schnelldurchlauf abgedeckt wurden. Naja man muss auch mal Glück haben.

Das Jugendherbergsführstück nahmen wir mit ganz ruhig gestellten Kindern ein, welche nach uns ins Bett gingen und schon früh am Morgen wieder die Bandbreite des Zwischennetzes belasteten. Das Hochladen von ein zwei Fotos dauerte.

Es galt die Weisung der UNESCO zu befolgen und die Welterbestädte im Kloster Corvey in Augenschein zu nehmen. Es ist bekannt, dass es sich hierbei um das weltweit einzig erhaltene Westwerk einer Kultstätte der Jünger des Lattenjupp aus der Zeit Karls des Großen handelt. Was ein Satz.

Leider war zu.

Das hier ist mal wirklich bedeutend und hornalt!

Ein fröhlicher Nieselregen trieb uns voran. Dazu gesellte sich ein nicht zu unterschätzender, schräger Rückenwind. Die Kilometer schruppten sich unter unsern Reifen dahin. In Bodenwerder, bei Baron Münchhausen, hielten wir erste Rast und liesen uns bei Erbsensuppe, Hopfenkaltschale und Torte nieder. Temperaturbedingt wurden wir zum Nachspülen mit heißem Grog genötigt. Die Erinnerungen an unsere letztjährige Havana-Club-Werbetour wurden geweckt.

Beim Wiedereintritt in die Kurbelei musste festgestellt werden, dass wir vom Winde verweht wurden. Das Salz auf unserer Haut mehrte sich. Während wir dem Genuss von Grog und Torte fröhnten, wechselten Flusslauf und Wind hinterlistig ihre Richtung. Diesen Status hielten beide bis zum Tagesende inne. Viel Wind und nur vorn Vorn. Stimmungsschwankungen wie in einer premenstrualen Phase.

Uns entgegenkommende Radler hatten komischerweise fröhliche und entspannte Gesichter. Auch welche ohne elektrischer Unterstützung.

Der Ausbau für die Infrastruktur der E-Bikes ist in vollem Gange. Wir tangierten eine dieser CO2-neutralen Großladestationen.

E-Bike Ladestation

Wir prügelten unsere ausschließlich mit Bockwurst getriebenen Motoren, unabhängig von so neumodischen Zeug, voran. Kernkraft nein danke.

Hameln war das nächste Ziel.

Hier wurden wir uns unserer Menschenallergie wiederholt bewusst. Eine westdeutsche, fachwerkgeschwängerte Fußgängerzone ist an einem Samstag Nachmittag nicht zu ertragen. Der Rattenfänger konnte uns nicht erreichen. Ein Grund mehr voran zu kommen.

Heißer Kaffee am Wegesrand
MiSchla um 17 Uhr im Gegenwind

Unser bis dato ereignissloser Tag setzte sich zwar mit Gegenwind fort, jedoch wartete die „Festspielstadt“ Rinteln auf uns. Beim Kartenstudium wurden wir von einer aufgeregten Frau unterstützt. Sie empfahl einen Zeltplatz am Helenensee. Rinteln ist eine komplett unbekannte aber sehenswerte Ansammlung von Fachwerk und Steinen.

Rintelner Steine

Wir gerieten mitten in die weltbekannten „Musikfestspiele von Rinteln“. Zufälligerweise fanden diese genau am Ort unseres heutigen Darniederliegens statt. In normalen Jahren treffen sich hier um die 20.000 Fans von Zwei-Mann-Kapellen. Coronabedingt war es nur eine Kapelle und wir. Schwere Zeiten für Produzenten und Konsumenten….

Das kulinarische Niveau wusste sich sehr wohl dem musikalischen anzupassen. Man war auf Augenhöhe. Regional bedingt war eine Kombination aus Bier und Kräuterschnaps vorgegeben. Es liegt nahe, dass diese Kombination für die Verdauung der dargeboten, sogenannte Speisen zwingend erforderlich ist. Wir werden sehen. Internationale Regionalkultur macht müde. Merkt Euch Rinteln!


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